Jahresbericht 2022
Die Nachfrage steigt, die Menschen bleiben die Priorität
Kennzahlen 2022
USB
Konzern
41'703
stationäre Patientinnen und Patienten
8'114
Mitarbeitende
1,31
Mrd. CHF Umsatz
6,7 %
EBITDAR-Marge
Interview mit Robert-Jan Bumbacher und
Dr. Werner Kübler
Das Universitätsspital Basel (USB) ist gut positioniert, daraus resultieren eine steigende Nachfrage unserer Leistungen und ein im Branchenvergleich zufriedenstellender Jahresabschluss, aber auch eine hohe Belastung für die Mitarbeitenden. Um dem zu begegnen, setzt das USB auf die Pfeiler Rekrutierung, Ausbildung und Digitalisierung. Ausserdem investiert das USB laufend in die Attraktivität der verschiedenen Berufsbilder.
Gewinn von 5.6 Millionen Franken für 2022
Das USB kann einen Gewinn von 5.6 Millionen Franken verbuchen, während die meisten anderen grossen Spitäler Verluste hinnehmen mussten, warum?
Kübler: Der wichtigste Faktor ist sicher, dass die Nachfrage nach unseren Leistungen weiterhin stärker ansteigt als prognostiziert. Das ist einerseits erfreulich, weil es ein Zeichen des Vertrauens in unsere gute Arbeit ist. Andererseits bringt diese Entwicklung enormen Druck auf unser System und unsere Mitarbeitenden mit sich, es entstehen aber eben auch höhere Einnahmen.
Bumbacher: Wir sind gut positioniert und relevant für die regionale Versorgung, das ist sicher ein Teil der Erklärung für die steigende Nachfrage und für unseren im Vergleich zur Branche akzeptablen Jahresabschluss. Aber eben, die Kehrseite davon ist eine hohe Belastung für unsere Mitarbeitenden.
Kübler: Dennoch dürfen wir für uns beanspruchen, dass wir nach wie vor personell gut aufgestellt sind, dank sehr hoher Anstrengungen bei der Rekrutierung. Wir mussten im Gegensatz zu den anderen grossen Spitälern der Schweiz nie signifikant Betten sperren, weil uns die Leute fehlten. Das ist auch ein Faktor, der zu unserem Ergebnis beigetragen hat.
Aussergewöhnliche Kostenfaktoren und CHF 500.– Prämie
Es gab 2022 aussergewöhnliche Kostenfaktoren rund um Corona, die Teuerung zieht an. Zudem hat das USB eine Prämie von CHF 500.– an alle Mitarbeitenden ausbezahlt. Wie schlägt das zu Buche?
Bumbacher: Diese Sonderfaktoren bilden sich in den Zahlen ab, das ist klar, wobei die Prämie schon 2021 bereitgestellt wurde. Die direkten Kosten durch Corona sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken und wir können sie teilweise abwälzen. Der Kanton Basel-Stadt hat uns nach wie vor für einen Teil der Covid-Ausgaben entschädigt, aber nicht mehr im gleichen Rahmen wie im Vorjahr. Aber gerade die Teuerung und die Energiekosten sind Faktoren, auf die wir wenig Einfluss haben. Wir werden versuchen, uns darauf einzustellen, beispielsweise indem wir Energie sparen, dort wo das geht, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung einzuschränken.
Kübler: Gewisse Ausgaben, gerade im Personalbereich, sind matchentscheidend für uns. Die Prämie, die wir unseren Mitarbeitenden ausbezahlt haben, war ein bescheidenes, aber wichtiges Zeichen unserer grossen Wertschätzung. Unsere Mitarbeitenden leisten immer sehr viel. Und in der Pandemie war es oft enorm viel und manches Mal zu viel.
«2023 werden wir die Teuerung mit durchschnittlich 3% ausgleichen und strukturelle Anpassungen vornehmen. Das sind wichtige Massnahmen, um das Personal zu entlasten und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Wir prüfen derzeit, wie man die Schichtarbeit in der Pflege flexibler gestalten kann.»
Dr. med. Werner Kübler, Spitaldirektor
Trotz ausgetrocknetem Arbeitsmarkt attraktiv bleiben
Der ausgetrocknete Arbeitsmarkt ist das dominierende Thema im Gesundheitsbereich. Was unternimmt das USB, um attraktiv zu bleiben?
Kübler: Wir haben in den kritischen Bereichen, insbesondere bei der Pflege, mit der «Roadmap Pflege» Massnahmen ergriffen und setzen sie auch 2023 weiterhin um. Nun schauen wir auch den Bereich der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte an. 2022 haben wir die Teuerung mit durchschnittlich 3 % ausgeglichen und einige strukturelle Anpassungen vorgenommen. Das sind wichtige Massnahmen, um das Personal zu entlasten und zu honorieren, aber auch, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Dazu gehen wir auch neue Wege: Wir prüfen derzeit in Pilotversuchen, wie man die Schichtarbeit, eines der belastendsten Elemente im Berufsalltag, in der Pflege flexibler gestalten kann.
Bumbacher: Die Personalfrage ist auch auf strategischer Ebene jene, die mit höchster Priorität angegangen wird. Wir stehen hier ja nicht alleine da, sondern sie ist ein Problem, das sämtliche Spitäler betrifft, nicht nur in der Schweiz. Einer der Schritte, den wir nebst den vielen internen Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gegangen sind, ist eine weitere Intensivierung und Ausweitung der Personalsuche. Wir haben die Rekrutierungsbemühungen weiter erhöht. In diesem Bereich braucht es Investitionen, um zu Resultaten zu kommen.
Bestätigung für die gute Arbeit am USB
Die Pandemie hat 2022 im Vergleich zum Vorjahr eine geringere Rolle gespielt. Warum war die Beanspruchung im Kerngeschäft dennoch so hoch?
Kübler: Es handelt sich dabei um ein Phänomen, das sich an allen grossen Zentren der Schweiz zeigt und auf das niemand die endgültige Antwort hat. Es könnte sich in Teilen um einen Nachholeffekt infolge der Pandemie handeln. Es kommen aber auch einige weitere Faktoren zusammen: Durch den Personalmangel sind kleinere Häuser gezwungen, Betten zu schliessen, und es findet eine stärkere Fokussierung auf die grösseren Zentren statt. Diesen Trend gab es schon vor der Pandemie. Es hat sicher auch etwas mit der immer höheren Spezialisierung in der Medizin zu tun, mit wachsenden Ansprüchen und mit der Demographie. Es sind diverse Trends, die hier zusammenspielen.
Bumbacher: Und es ist natürlich eine Bestätigung der guten Arbeit, die am Universitätsspital Basel tagtäglich geleistet wird. Unsere medizinischen und pflegerischen Leistungen sowie die Forschung und Ausbildung an unserem Haus sind auch im internationalen Vergleich hervorragend. Gleichzeitig zeigt das Wachstum aber auch immer deutlicher die Schwachstellen im System, beispielsweise bei den Tarifen, die gerade im ambulanten Bereich schlicht nicht ausreichen, um die Kosten zu decken. Schwierig ist es aber auch mit den zu tiefen stationären Tarifen und bei den Zentrumsleistungen sowie den Vorhalteleistungen, die wir zugunsten der Region erbringen, die aber ebenfalls nicht genügend finanziert werden.
Robert-Jan Bumbacher, Verwaltungsratspräsident USB
«Wir sind gut positioniert und relevant für die regionale Versorgung, das ist sicher ein Teil der Erklärung für die steigende Nachfrage und für unseren im Vergleich zur Branche zufriedenstellenden Jahresabschluss. Die Kehrseite davon ist eine hohe Belastung. Für den enormen Einsatz sprechen wir allen Mitarbeitenden unseren grossen Dank aus.»
USB übernimmt Aktienmehrheit des Bethesda Spitals
Trotz der hohen Belastungen wurden zahlreiche Projekte angestossen und umgesetzt, was sticht besonders heraus?
Bumbacher: Mit der Übernahme der Aktienmehrheit des Bethesda Spitals Basel sind wir einen wichtigen strategischen Schritt zur nachhaltigen Stärkung der universitären Medizin gegangen. Wir haben uns getreu unseren Unternehmenswerten dazu entschieden, mutig und verantwortungsvoll an der Gestaltung der Gesundheitsregion mitzuwirken. Es ergab sich hier eine Chance, einen Schritt in Richtung einer abgestuften Gesundheitsversorgung zu gehen, in der jede und jeder genau die Behandlung bekommt, die er oder sie braucht.
Kübler: Nun geht es darum, diese Zusammenarbeit zu konkretisieren und umzusetzen. Wir wollen möglichst durchgängige, schnittstellenfreie Patientenpfade in beiden Häusern. Im Idealfall beginnen sie vor dem Spitaleintritt und führen über den Aufenthalt im Spital bis zur Rehabilitation und Nachüberwachung. Zugleich haben wir auch intern einen Rochade-Prozess angestossen, der uns mehr Flexibilität und zusätzliche Reserven bringen soll. In diesem Zusammenhang ist es uns gelungen, unser Herzzentrum an einem Ort physisch zusammenzubringen, was den Patientinnen und Patienten, aber auch den Mitarbeitenden, zugutekommt. Auch hier sind wir neue Wege der Zusammenarbeit gegangen und haben unsere Dermatologie-Poliklinik an den Standort Felix Platter Spital verlegt und das Schlaflabor ins Mutterhaus des Bethesda Spitals.
Nachhaltigkeit am USB – Energieeinsparungen in der Radiologie realisiert
Das Universitätsspital legt auch seinen Nachhaltigkeitsbericht vor, was sticht besonders heraus?
Bumbacher: Die Nachhaltigkeit hat durch die Energiekrise auch in ihrer ökonomischen Komponente stark an Bedeutung gewonnen. Die Bemühungen lohnen sich finanziell, wenn wir beispielsweise Strom sparen. Wir lagen also mit unserem Fokus auf diesen Themenkreis sicher richtig. Wir verzeichnen auch einige schöne Erfolge, so ist es unter anderem im Bereich der Radiologie gelungen, erhebliche Energieeinsparungen auf wissenschaftlicher Basis ohne Qualitätsverluste umzusetzen.
Kübler: Das Bewusstsein für das Thema ist im ganzen Haus spürbar. Es gibt einerseits Top-down-Initiativen, etwa eine eigene Stromsparkampagne oder die Nachhaltigkeitswochen, bei denen der Fokus unter anderem auf der Küche im Personalrestaurant liegt. Andererseits sehen wir aber auch diverse gute Ideen, die von Mitarbeitenden kommen. Sie bilden im ganzen Haus «Green Teams», die in ihrem direkten Umfeld Verbesserungsmöglichkeiten umsetzen, zum Beispiel mit Trinkwasserspendern oder Umstellungen auf Schwarz-Weiss-Druck.
Pionierarbeit in der werteorientierten Gesundheitsversorgung
In Sachen Qualität setzt das USB unter anderem auf Value Based Healthcare. Ist das immer noch der Weg der Wahl?
Bumbacher: Ja, absolut. Der Ansatz wird in Basel in einer Pionierrolle für die Schweiz verfolgt, es gibt hier Partnerschaften mit anderen Spitälern und mit Unternehmen, die sehr vielversprechend sind. Heute ist es selbstverständlich, modernste Behandlungsmethoden auf Basis wissenschaftlicher Evidenz anzubieten. Darüber hinaus wollen wir aber auch wissen, ob diese Therapien tatsächlich den Wünschen, Vorstellungen und Präferenzen unserer Patientinnen und Patienten entsprechen. Das Ziel ist es, die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort anzubieten. Deshalb befragen wir unsere Patientinnen und Patienten bei vielen Krankheitsbildern mit den sogenannten Patient-reported Outcome Measures – PROMs – und leisten damit wertvolle Pionierarbeit, um die Patientenzentrierte Medizin Realität werden zu lassen.
Bauen im und am Spital
Blicken wir in die Zukunft: Es steht die Entwicklung des Campus an. Wie sehen Sie diesem langjährigen Prozess entgegen?
Bumbacher: Mit viel Respekt. Es ist ein Generationenprojekt, das es braucht, um die Gesundheitsversorgung und die universitäre Medizin auch in Zukunft sicherzustellen. Es ist schon rein von der Dimension her ein Projekt, das man mit sehr viel Umsicht planen und umsetzen muss. Wir haben 2022 die gesamte Planung noch einmal analysiert. Wir haben Varianten in der Bauabfolge unter Beizug externer Expertinnen und Experten geprüft und durchrechnen lassen. Und sind zum Schluss gekommen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Deshalb haben wir auch grünes Licht gegeben, um 2023 auf der ursprünglich beschlossenen Marschroute vorzugehen.
Kübler: Was klar ist: Die Bevölkerung der Region und unser Haus brauchen diese neue Infrastruktur. Man kann so ein langfristiges Projekt nicht beliebig auf die lange Bank schieben. Wir machen nicht primär einen Kapazitätsausbau, sondern etablieren moderne Prozesse und Abläufe, damit wir den Patientenbedürfnissen besser gerecht werden und effizienter arbeiten können. Die ersten Vorbereitungsarbeiten sind 2023 gestartet. Das Projekt wird mit Sicherheit grosse Herausforderungen mit sich bringen, vor allem was den Spitalbetrieb in den direkt neben der Baustelle liegenden Räumlichkeiten angeht. Hier braucht es sehr viel Abstimmung zwischen dem Kerngeschäft und den Bauverantwortlichen.
Der Blick in die Zukunft
Was erwarten Sie für den Geschäftsgang 2023?
Kübler: Es wird finanziell sehr anspruchsvoll. Wir sind mit Inflation und Teuerung konfrontiert, die wir unseren Mitarbeitenden möglichst weitgehend entgelten wollen und vor allem sind die Energiekosten in nie gekanntem Ausmass explodiert. Die Tarife halten mit diesen Kostenentwicklungen nicht mit.
Bumbacher: Aufgrund der genannten Kostentreiber und der ungenügenden Tarife sehen wir finanziell ein, zwei harte Jahre auf uns zukommen. Aber wir können dennoch nicht einfach beliebig auf die Bremse treten. Die Ansprüche an unsere Dienstleistung und die Aufwendungen zur Sicherung einer angemessenen Versorgung steigen. Wir müssen und wollen in das Personal investieren, wir müssen in die Infrastruktur investieren und zusätzlich die Digitalisierung vorantreiben. Zudem braucht es zur Sicherung der universitären Medizin in der Region konstant hohe Investitionen in Lehre und Forschung wie beispielsweise in unsere Innovations-Foci. Das schulden wir unseren Patientinnen und Patienten und der ganzen Gesundheitsregion.
Kübler: Gleichzeitig müssen wir das Sparpotenzial ausleuchten und weiter die Prozesse und den Ressourcenverbrauch optimieren. Wir identifizieren und realisieren ganz gezielt Effizienzgewinne. Aber wie gesagt, es wird anspruchsvoll. Nachhaltigkeit ist dabei wichtig: Wir treiben alle Massnahmen weiter voran, um das USB finanziell wie ökologisch und nachhaltig weiterzuentwickeln.
News aus dem USB
Der Verwaltungsrat
Der Verwaltungsrat ist das oberste geschäftsleitende Organ des Unternehmens. Der Verwaltungsrat konstituiert sich selbst. Vorbehalten ist die Wahl des Präsidenten durch den Regierungsrat. Der Verwaltungsrat delegiert die Geschäftsführung vollumfänglich an die Spitalleitung, soweit nicht das Gesetz oder das Organisationsreglement etwas anderes vorsehen. Der Verwaltungsrat übt die Oberleitung und die Aufsicht und Kontrolle über die Geschäftsführung aus.