Bei Schlaganfall nützt ein Katheter nicht in jedem Fall

Forschende des Universitätsspitals Basel rütteln mit einer neuen Studie an der gängigen Praxis. Die internationale Studie zeigt, es gibt keinen Vorteil mit der Kathetertherapie bei Schlaganfallpatient*innen mit kleineren Gefässverschlüssen. Diese Erkenntnis könnte die weltweite Praxis bei Schlaganfällen verändern und erscheint im weltweit führenden Medizinjournal New England Journal of Medicine.

2025-02-06, 10:00 Uhr

Schlaganfälle gehören zu den häufigsten Todesursachen und sind eine der Hauptursachen für langfristige Behinderungen. Rund 80% aller Schlaganfälle entstehen durch den Verschluss einer Arterie im Gehirn. Dieses Blutgerinnsel kann mechanisch entfernt werden (Kathetertherapie) und wird meist mit Gerinnsel-auflösenden Medikamenten kombiniert. Während die Kathetertherapie bei Verschlüssen von grossen Gefässen nachweislich die Prognose verbessert, blieb der Nutzen von Kathetern bei mittelgrossen und kleineren Gefässen bislang unklar.

 

DISTAL-Studie mit 55 Akutspitälern in 11 Ländern

Bei der endovaskulären Methode wird ein Katheter durch die Blutbahn zum Verschluss geführt, um das verursachende Blutgerinnsel zu entfernen. Dieses Verfahren kann bei grossen Gefässen bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten das Ausmass der Beeinträchtigung reduzieren. Prof. Marios Psychogios der Neuroradiologie des Universitätsspitals Basel und sein Kollege Prof. Urs Fischer, ehemalig Neurologie Basel und aktuell Neurologie Inselspital Bern haben erstmals in der DISTAL-Studie geprüft, ob die endovaskuläre Therapie in Kombination mit der medikamentösen Standardtherapie die Beeinträchtigung oder Sterblichkeit innert 90 Tage nach dem Schlaganfall reduziert. Dafür untersuchten die Forschenden über drei Jahre 543 Schlaganfallpatient*innen aus 55 Akutspitälern in 11 Ländern Europas und des Nahen Ostens.

 

Ergebnis zeigt dringenden Bedarf an neuen Therapien

Bei Schlaganfallpatient*innen mit mittelgrossen oder kleineren Gefässverschlüssen bietet die Kathetertherapie keinen Vorteil gegenüber der medikamentösen Standardbehandlung. Nach 90 Tagen war das Ausmass der Beeinträchtigung oder Sterblichkeit in beiden Gruppen vergleichbar – rund 45% der Betroffenen erlitten mittelschwere bis schwere Einschränkungen oder verstarben. Erfreulich ist jedoch, dass die Kathetertherapie keine erhöhten Komplikationsraten, etwa schwere Hirnblutungen, aufwies. Obschon die endovaskuläre Therapie bei mittelgroßen und kleineren Gefäßverschlüssen aktuell noch nicht als Standardtherapie empfohlen werden kann. «Dennoch bleibt sie in besonderen Fällen eine Option, da keine erhöhten Risiken nachweisbar sind», erklärt Studienleiter Prof. Marios Psychogios vom Universitätsspital und der Universität Basel. Die Studienergebnisse werden in den nächsten Monaten weiter analysiert, um Patienten die von der Kathetertherapie profitieren zu identifizieren. Prof. Urs Fischer von den Universitätsspitälern Bern und Basel ergänzt: «Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass dringend neue, effektivere Therapien benötigt werden, da die Prognose für diese Patienten schlechter ist, als bisher angenommen.»

Im weltweit führend Fachmagazin New England Journal of Medicine wurden diese Ergebnisse soeben publiziert.