Patient Reported Outcome Measures (PROMs)
Wir messen und analysieren den subjektiv empfundenen Behandlungserfolg. So optimieren wir unsere Behandlungsqualität stetig.
Patient Reported Outcome Measures (PROMs) verfolgen das Ziel, die aus Sicht unserer Patientinnen und Patienten wahrgenommene Behandlungsqualität zu steigern und sie damit in den Fokus der Bemühungen zu stellen.
PROMs sind Fragebogensets, die auf den allgemeinen Gesundheitszustand aber auch spezifisch auf die jeweilige Erkrankung und die Folgen ihrer Behandlung eingehen. So ist es möglich, die Lebensqualität und den Gesundheitszustand langfristig und standardisiert zu messen.
Die Befragung erfolgt komplett digitalisiert. Dadurch stehen die einzelnen Angaben sowie die daraus resultierenden Ergebnisse dem medizinischen Personal in Echtzeit zur Verfügung. So kann zeitnah auf Veränderungen des Gesundheitszustandes und der Lebensqualität der Patientin, des Patienten reagiert werden. Die Daten lassen sich zudem auch für Patientengruppen auswerten – zum Beispiel um verschiedene Behandlungsmethoden miteinander zu vergleichen. Ziel ist es, im Sinne der USB-Strategie «Value Based Healthcare», Mehrwert für unsere Patientinnen und Patienten zu generieren.
Im Jahr 2023 hat das USB in zwei innovativen Kooperationen mit Krankenversicherern und Partnerspitälern bedeutende Fortschritte in Richtung einer wertebasierten Gesundheitsversorgung erzielt.
Das aktuelle Vergütungssystem basierend auf Fallpauschalen bietet Fehlanreize. Dies bedeutet, dass Leistungserbringer umso mehr verdienen, je mehr Fälle sie behandeln. Dabei wird bisher jedoch die Qualität der Behandlung in den sogenannten Fallpauschalen nicht abgebildet.
Der Einbezug von Qualitätskennzahlen und PROMs soll dem entgegenwirken. Vordergründig geht es darum, die erbrachte Qualität und nicht nur die erbrachte Menge zu vergüten. Ziel ist es, unnötige Eingriffe zu verhindern und das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erzielen. Zentrale Bausteine sind hierbei die PROMs, da sie eine langfristige Messung des Behandlungserfolgs aus der zentralen Patientensicht ermöglichen und somit eine Aussage über die individuelle Notwendigkeit des Eingriffs zulassen. Ausserdem erlauben sie ein frühzeitiges Erkennen bei einer Verschlechterung des subjektiv empfundenen Gesundheitszustandes.
Weitere Informationen zu den Projekten hinsichtlich Vergütungsmodellen finden Sie hier:
Weitere Informationen zur Implementierung und Nutzung von PROMs finden Sie hier:
PROMs: Erfahrungen einer Patientin
Welche Erfahrungen machen Patientinnen und Patienten mit Patient Reported Outcome Measures (PROMs)? Wie wird die Befragung wahrgenommen? Einen Einblick gewährt uns eine Patientin der Brustchirurgie, die aufgrund einer Brustkrebserkrankung am USB in Behandlung war.
«Als ich das erste Mal den Fragebogen ausfüllte, war ich erstaunt über die zum Teil intimen Fragen, die gestellt wurden. (…) Aber nach dem zweiten, dritten Mal gewöhnt man sich daran. Es kann vielleicht schon vorkommen, dass Patienten das zu intim finden. Aber ich denke, man (…) muss sich nicht schämen. Die Befragungen können weiterhelfen (…). (…) im ersten Moment ist man sowieso geschockt, dass man krank ist und wie krank. Und dann kommt die Befragung und man war vorher nie mit einer so intimen Befragung konfrontiert. Und mit der Zeit versteht man, wieso die Fragen gestellt werden. Weil mit der Zeit versteht man genau den Inhalt, weil man es nachvollziehen kann. (..) wenn man mittendrin ist, funktioniert man einfach. (…) erst mit der Zeit bekommen die Fragen die Tiefe, also die Bedeutung.»
«(…) die Fachpersonen haben ein sehr breites Wissen (….) Aber trotzdem, die Befragung, die sie machen (Anm. d. Red.: gemeint sind PROMs), ist auch ein bisschen anders. Es ist persönlicher. Also dass man das auch besprechen kann. Zum Beispiel, wenn sich etwas nicht verbessert, woran liegt es und so.»
Einsatz und Nutzen von PROMs
- auf individueller Ebene im Patientenkontakt
- auf kollektiver Ebene als Qualitätsindikator
- als Baustein bei der Entwicklung qualitätsbasierter Vergütungsmodelle
Wie werden PROM-Daten genutzt? – Beispiele aus der Praxis
Die Klinik für Orthopädie und Traumatologie erfasst PROMs für:
- Patientinnen und Patienten mit geplanten orthopädischen Eingriffen an Hüfte, Knie, Fuss und Schulter
- traumatologische Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Knochenverletzung («Fraktur») der
- oberen und/oder unteren Extremität/en eine operative Behandlung benötigen.
- Patientinnen und Patienten mit einem muskuloskelettalen Infekt
Die Beispiele (Abb. 1 und 2) zeigen die Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit von Patientinnen und Patienten, die aufgrund ihrer Hüft- beziehungsweise Kniebeschwerden einen Gelenkersatz mittels Prothese erhielten.
Die aus verschiedenen Fragen gebildeten Werte («Scores») KOOS-PS (KOOS-PS: Knee injury and Osteoarthritis Outcome Score-Physical Function Short Forms) (für Kniepatient*innen) beziehungsweise HOOS-PS (HOOS-PS: Hip Disability and Osteoarthritis Outcome Score Physical Function Short Forms) (für Hüftpatient*innen) messen Publikationen zum Thema Bilici, M et al. (2021). Outcome measurement in trauma surgery with a fracture database and clinical and patient-reported outcome measures (PROMs) Bilici, M et al. (2023). Ein klinisches Frakturregister zur Qualitätssicherung Geese, F. (2023). Exploring the Potential of Electronic Patient-Reported Outcome Measures to Inform and Assess Care in Sarcoma Centers: A Longitudinal Multicenter Pilot Study Nüesch, C., Ismailidis, P. et. al. (2021). Assessing Site Specificity of Osteoarthritic Gait Kinematics with Wearable Sensors and Their Association with Patient Reported Outcome Measures (PROMs): Knee versus Hip Osteoarthritis 15 das Ausmass der subjektiv wahrgenommenen Schwierigkeiten, die Patientinnen und Patienten aufgrund ihrer Hüft- beziehungsweise Kniebeschwerden erleben. Der Score kann einen Wert zwischen 0 und 100 annehmen, wobei ein höherer Wert für grössere Schwierigkeiten steht.
Um den Erfolg der Behandlung zu messen, findet am USB die Erstbefragung vor dem geplanten operativen Eingriff an der Hüfte oder dem Knie statt. Es folgen postoperativ weitere Befragungen zu definierten Zeitpunkten nach der Behandlung:
- sechs Wochen postoperativ
- drei Monate postoperativ
- sechs Monate postoperativ (nur bei Kniepatienten)
- ein Jahr postoperativ
Abb. 1: KOOS-PS Score, interne Datenauswertung
Abb. 2: HOOS-PS Score, interne Datenauswertung
Publikationen zum Thema
Die Gastroenterologie des Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel (Standort USB) – erfasst für Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) eine Infusionstherapie erhalten, systematisch PROMs.
Die Patientinnen und Patienten erhalten rund alle sechs bis acht Wochen eine Infusionstherapie und beantworten jeweils den sogenannten IBD-Control-Fragebogen. Dieser erfasst das Ausmass der Krankheitskontrolle anhand verschiedener Bereiche:
- Krankheitsaktivität
- Veränderung der Darmbeschwerden
- Krankheitssymptome
- die Notwendigkeit, mit dem/der behandelnden Ärztin/Arzt die Therapiemöglichkeiten, Symptome sowie Nebenwirkungen zu besprechen
Der Score kann dabei einen Wert zwischen 0 und 16 annehmen, wobei ein höherer Wert für eine bessere Kontrolle der Darmerkrankung steht. Das Ziel bei der Behandlung chronisch erkrankter Patientinnen und Patienten ist es, die Krankheitsaktivität durch die Therapie niedrig und die Kontrolle der Erkrankung auf einem möglichst hohen, stabilen Niveau zu halten.
Da bei der PROMs-Einführung für CED bereits ein Grossteil der Patientinnen und Patienten eine Infusionstherapie erhalten hatte, bildet die erste Befragung nicht zwingend den Therapiebeginn ab. Es ist zu beobachten, dass bei den Patientinnen und Patienten der Wert stabil bleibt und über die Zeit zunimmt. Zudem haben die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, anzugeben, ob sie die derzeitige Behandlung ihrer Erkrankung als hilfreich empfinden. Falls nötig kann durch diese Angaben zeitnah auf verschiedene Krankheitsaspekte reagiert werden. Die Grafik zeigt, dass die Patientinnen und Patienten die derzeitige Behandlung als hilfreich empfinden.
Abb. 3: IBD-Control-8-Score, interne Datenauswertung
Abb. 4: Frage aus dem IBD-Control-Fragebogen, interne Datenauswertung
Im Sarkomzentrum sind Patientinnen und Patienten mit einem Sarkom (seltene Tumorerkrankung, die vom Stütz- oder Bindegewebe ausgeht) in die PROMs-Erfassung eingeschlossen.
Die Befragungszeitpunkte sind:
- Baseline
- nach Abschluss einer neoadjuvanten Therapie (vorbereitende medikamentöse, z.B.
- Chemotherapie vor geplanter Operation, falls durchgeführt)
- sechs Wochen postoperativ
- drei Monate postoperativ
- sechs Monate postoperativ
- ein Jahr postoperativ
In der Befragung kamen unterschiedliche Aspekte zur Sprache, unter anderem die physische Funktion der betroffenen Extremität mithilfe des TESS-Fragebogens (Toronto Extremity Salvage Score).
Patientinnen und Patienten mit einem Sarkom können durch die Behandlung körperliche Beeinträchtigungen erfahren, der TESS misst die Schwere der subjektiv empfundenen körperlichen Einschränkung. Es zeigt sich, dass die Patientinnen und Patienten ein Jahr nach Behandlungsbeginn wieder ihre ursprüngliche Funktionsfähigkeit zurückerhalten haben beziehungsweise sogar leicht verbesserte Werte aufweisen.
Abb. 5: Toronto Extremity Salvage Score: Physische Funktion, interne Datenauswertung
Das Hirnschlagzentrum erfasst PROMs 90 Tage nach der Entlassung bei einem stationären Aufenthalt aufgrund eines Schlaganfalls
Eingesetzt wird dabei der PROMIS Global Health 10, ein Fragebogen, welcher Aufschluss über die allgemeine gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patientinnen und Patienten gibt. Aus dem Antwortverhalten berechnen sich zwei Scores, einer zur physischen sowie einer zur mentalen globalen Gesundheit, wobei höhere Werte einen besseren Gesundheitszustand repräsentieren (Abb. 6). Diese beiden Scores werden schliesslich umgerechnet in sogenannte T-Scores (Abb. 7). Diese ermöglichen einen Vergleich der Patientinnen und Patienten mit der Allgemeinbevölkerung indem eine Normierung des Scores stattfindet. Ein Wert von 50 Punkten entspricht der durchschnittlichen und eine Standardabweichung entspricht 10 Punkten. Höhere Werte repräsentieren einen besseren Gesundheitszustand. Abb. 7 verdeutlicht somit, dass die Patientinnen und Patienten 90 Tage nach der Entlassung relativ hohe Werte in ihrer physischen und mentalen Gesundheit erreichen. Gemäss der 5-stufigen Kategorisierung zur Interpretation des Scores (schlecht, mittelmässig, gut, sehr gut, ausgezeichnet) erreichen die Patientinnen und Patienten im Durchschnitt einen sehr guten mentalen sowie einen guten physischen globalen Gesundheitszustand.
Abb. 6: PROMIS Global Health 10: höhere Werte repräsentieren einen besseren Gesundheitszustand, interne Datenauswertung
Abb. 7: PROMIS Global Health 10 T-Score, interne Datenauswertung