Pflegende beim am Huddleboard

«Capacity Building» und gegenseitiges Lernen für ein stabileres Gesundheitssystem in Tansania

Das USB unterstützt Projekte in Tansania, damit Menschen mit HIV die Behandlung bekommen, die sie benötigen. Mittendrin ist unsere Infektiologin Prof. Maja Weisser Rohacek. Sie bewundert den Erfindergeist, den die Menschen in dem ostafrikanischen Land an den Tag legen.

«Werden Menschen mit HIV behandelt, stecken sie niemanden an. Medikamente sind in der Theorie für alle da. In der Realität ist das leider nicht so.» Die Frage, warum HIV heute immer noch ein ungelöstes Problem ist, beschäftigt Prof. Maja Weisser Rohacek. In ihrem Büro am Unispital Basel spricht sie über ihre Tätigkeiten und Erfahrungen in Tansania. Sie arbeitet seit vielen Jahren mit der «Chronic Disease Clinic Ifakara» für HIV und Tuberkulose, in einem ländlichen Zuweisungsspital mit 400 Betten unter tansanischer Leitung.

Stigmatisierung ist ein grosses Hindernis

Die Gründe dafür, warum die nötigen Medikamente viele Menschen in Tansania nicht erreichen, seien vielfältig, so Weisser Rohacek «In erster Linie ist es die Stigmatisierung der Krankheit, die dazu führt, dass Behandlungen nicht begonnen oder wieder abgebrochen werden. Auch Transportschwierigkeiten, weite Anreisedistanzen, Kosten und lange Wartezeiten am Spital sind Hindernisse.» Im südlichen Afrika seien vor allem junge Frauen und Jugendliche vulnerable Gruppen: Sexuelle Gewalt ist ein Problem, da insbesondere Frauen ökonomisch und existenziell abhängig sind von Beziehungen, erklärt die Spezialistin für Infektiologie.

 

In ihrem Büro im USB wirken die Dimensionen, die HIV in Tansania annimmt, weit weg. Denn in der Schweiz sind die allermeisten Menschen mit einer HIV-Infektion gut behandelt und die Therapieerfolge gehören weltweit zu den besten. Wir sollten wirklich dankbar sein, dass wir in einem Land mit einem stabilen Gesundheitswesen und einer hochwertigen Gesundheitsversorgung leben. Um das Gesundheitspersonal in der tansanischen Klinik für ein stabiles Gesundheitswesen nachhaltig zu unterstützen, trägt das USB zu verschiedenen wissenschaftlichen und Bildungsprojekten bei. Ein zentraler Pfeiler ist das «Capacity Building», in dem auch Prof. Maja Weisser Rohacek involviert ist. Es geht um die Förderung von Aus- und Weiterbildung der Angestellten im Gesundheitswesen. Dabei geben USB-Mitarbeitende spezifische Trainings für das tansanische Personal, das es dort wiederum weitergibt, zum Beispiel zu praktischen Fertigkeiten im klinischen Alltag. Zudem werden junge tansanische Ärztinnen und Ärzte bei der Vermittlung von Master- und PhD-Programmen und medizinischen Spezialisierungen unterstützt.

 

Bei allen Projekten geht es um die Verbesserung der Gesundheit, voneinander zu lernen und das Gesundheitssystem vor Ort zu unterstützen.

 

Das Team um Weisser Rohacek führt die Massnahmen im Jahr 2024 fort und möchte vermehrt in der Prävention aktiv werden. «Die bisherigen Präventionsprogramme waren zwar effektiv, aber es braucht jetzt einen Push, damit sich die Erfolge der HIV-Programme halten. Laut aktuellen Berechnungen steigt in gewissen Teilen der Welt die Zahl der HIV-Infektionen wieder an.»

 

Neben dem HIV-Schwerpunkt unterstützt das USB weitere Aktivitäten am St. Francis Referral Hospital. So wirken USB-Mitarbeitende in verschiedenen Kursen für Gesundheitsmitarbeiter mit. Dadurch können z.B. kardiale Abklärungen in der Klinik verbessert werden oder die Pflege von intensivmedizinischen Patienten. Herausfordernd bleibt die Anbindung von Patienten aus abgelegenen Orten für die Behandlung chronischer Krankheiten nach dem Klinikaufenthalt, so die Ärztin. Denn Tansania verfügt bisher über keine universelle Krankenkasse, was die Bevölkerung von eigenen finanziellen Mitteln abhängig macht. Zukünftig soll daher auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden weiter ausgebaut und verbessert werden. Damit diese Veränderung langfristig und nachhaltig ist, müsse diese vom örtlichen Gesundheitswesen getragen werden, betont Weisser Rohacek.

Viele Menschen in Tansania sind sehr innovativ und machen das Beste aus ihrer Situation.

Was Weisser Rohacek in Tansania gelernt hat, ist die Flexibilität, sich Situationen anzupassen. Gerade in ländlichen Gebieten, wo Versorgung und Finanzierung ein Problem ist, führt diese Fähigkeit zur Innovation – unabhängig von staatlichen Programmen – oftmals zu kreativen Lösungen. «Das nehme ich mit für mich, dass Veränderungen auch durchaus von der Gesellschaft getragen werden können. Das ist etwas, was wir auch für unser Gesundheitswesen lernen können.»

«Was wir für unser Gesundheitswesen lernen können? Dass Veränderungen auch durchaus von der Gesellschaft getragen werden können. Das ist etwas, was wir auch für unser Gesundheitswesen lernen können.»

Prof. Maja Weisser Rohacek, Leitende Ärztin, Infektiologie & Spitalhygiene
Prof. Maja Weisser Rohacek, Leitende Ärztin, Infektiologie & Spitalhygiene

Prof. Maja Weisser Rohacek, Leitende Ärztin, Infektiologie & Spitalhygiene

Langjährige Partnerschaft

Die Klinik für Infektiologie & Spitalhygiene des Unispitals Basel unterstützt die «Chronic Disease Clinic» in Ifakara, Tansania; dies im Rahmen einer langjährigen Partnerschaft mit dem St. Francis Referral Hospital und dem Forschungsinstitut Ifakara Health Institut sowie dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut.

Weitere Länder und Disziplinen sind involviert

Das USB unterstützt seit vielen Jahren weitere Projekte in Tansania, Sambia und die Region Somaliland. Neben der Infektiologie und Spitalhygiene sind auch andere Disziplinen wie die Kardiologie, Angiologie und Gynäkologie / Geburtshilfe involviert.

 

Engagement in Afrika

13'000 Menschen behandelt

Seit 2005 wurden in der Chronic Diseases Clinic 13'000 Menschen mit HIV behandelt und die Übertragung von HIV von der Mutter auf das Kind auf unter 2% gesenkt. Währendem der grösste Teil der Patienten nun virologisch unterdrückt ist, bleibt eine bleibende Herausforderung die Betreuungs-Kontinuität: Für viele Menschen ist es eine Herausforderung, regelmässig Termine wahrzunehmen aufgrund der grossen Distanzen, finanzieller Schwierigkeiten und manchmal nicht passierbaren Wegen. Dies birgt das Risiko, krank zu werden und auch andere anzustecken.