«Leider weiss man viel zu wenig über uns Radiologiefachpersonen.»

4. April 2022, Tanja Steiger

 

Christian Dott und Aurore Jordan arbeiten als Radiologiefachpersonen am USB. Sie stammen beide aus dem nahen Grenzland – und zeigen, wie arbeiten im Dreiländereck geht.

 

Während Christian Dott als Teamleiter Radiologiefachpersonen seine Heimat Deutschland gegen das beschauliche Laufental eingetauscht hat, pendelt Aurore Jordan täglich von Frankreich zum USB – Dreiländereck sei Dank.

2023-11-29, 12:59 Uhr

Viel mehr als nur Bestrahlung

 

Vielen ist der Beruf MTRA, kurz für medizinisch-technische Radiologiefachperson, kein Begriff. Dabei kümmern sich diese Berufsleute am Spital um alles, was mit Strahlung zu tun hat: Röntgen, MRI, CT, Nuklearmedizin und weitere bildgebende Verfahren. Dazu kommen verschiedenste Einsätze im OP, Notfälle, Organisatorisches und viel Patientenkontakt. Christian Dott ist seit 21 Jahren in der Radioonkologie am Unispital tätig, seit vier Jahren als Teamleiter von 16 Radiologiefachpersonen. «Ich hätte nie gedacht, dass ich so lange bleibe», erzählt er. «Grund dafür ist das tolle Team – und dass sich mir hier immer wieder neue Herausforderungen boten.» Nach seiner Ausbildung in Freiburg im Breisgau bewarb sich Christian Dott direkt am USB und begann, in der Radioonkologie zu arbeiten.

Als sich bei seiner Arbeit am Bestrahlungsgerät eine gewisse Routine einstellte, wechselte er in die Bestrahlungsplanung am CT, wo er ein paar Jahre blieb. Dann half er mit, das neue Klinikinformationssystem seiner Abteilung einzuführen und wurde zusätzlich zum Systemadministrator – so sammelte er auch in der ICT viel Erfahrung. Und schliesslich kam die Anfrage für die Leitung des gesamten Teams seiner Berufsgruppe, die er mit viel Motivation übernahm. «Meine Vorgesetzten trugen immer wieder neue Aufgaben an mich heran. Das macht es hier so spannend – ich kann mich immer weiterentwickeln.» 

 

Nach dem Deutschkurs in die Angiografie

 

Ebenfalls viel neues Wissen hat sich Aurore Jordan innerhalb ihrer Rolle am USB angeeignet: Sie arbeitet in der Radiologie im Fachbereich Angiografie. Bei diesem Verfahren werden Gefässe mit Hilfe diagnostischer Bildgebungsverfahren dargestellt und behandelt – aber nicht nur: «Ich hätte nie erwartet, was ich hier alles machen darf. Von gewissen Verfahren wusste ich vor meiner Arbeit hier gar nichts.» Aurore Jordan absolvierte ihre Ausbildung im französischen Grenoble und wohnt jetzt im grenznahen Elsass. Vor ihrer Arbeit am USB war sie ein paar Jahre in einer Privatklinik in Colmar tätig, wo sie sich hauptsächlich mit Röntgen beschäftigte. 

«Als ich mich hier bewarb, sprach ich nur sehr wenig Deutsch. Das USB bot mir an, während eines Jahres immer am Vormittag einen Intensiv-Deutschkurs zu besuchen und am Nachmittag als Radiologiefachfrau in der Röntgenabteilung zu arbeiten. Das war eine unglaubliche Chance, die sich mir da bot.» Und der Plan ging auf: Nach einem Jahr war Jordan sattelfest in Deutsch und konnte in ihre Wunschabteilung, die interventionelle Radiologie wechseln.

 

Vom nahen Ausland in die Schweiz

Christian Dott war jahrelang Grenzgänger, bevor er vor ein paar Jahren der Liebe wegen in die Schweiz zog. «Pendeln war überhaupt kein Problem. Ich kam von Lörrach mit dem Velo, mit meinem Roller oder auch mit dem ÖV und war in 30 Minuten am USB.» Der Papierkrieg am Anfang seiner Schweizer Karriere war etwas lästig, aber er fühlte sich dabei vom USB unterstützt. «Ich wurde hier sehr gut aufgenommen. Als Deutscher muss man sich ein bisschen an die Schweizer Art gewöhnen, denn wir kommunizieren zum Teil unterschiedlich. Deutsche sind oft viel direkter.» 

Auch Aurore Jordan braucht knapp eine halbe Stunde für ihren Arbeitsweg über die französische Grenze. Sie nennt als Hauptgrund, weshalb sie in der Schweiz arbeitet, ebenfalls die Nähe von Basel zu ihrem Wohnort – das USB ist das für sie nächste Spital im Dreiländereck Frankreich-Deutschland-Schweiz. «Das Einzige, was nervt, ist der Stau an der Grenze. Ich nehme deshalb immer öfter den Zug.»

 

Mehr Zeit, weniger Patientinnen und Patienten

 

Wenn man mit den beiden Radiologiefachpersonen über ihre Motivation spricht, am Unispital zu arbeiten, kommt natürlich früher oder später das Thema des höheren Lohns auf. Ganz oft wird aber auch erwähnt, dass ihre Berufsgruppe hier «einfach viel mehr machen darf», so Christian Dott: «In Deutschland ist MTRA eher eine Assistenten- bzw. Assistentinnenrolle – die Ärztin oder der Arzt befiehlt, wir führen aus. Hier sind die Hierarchien viel flacher, alle Berufsgruppen sind per du, jede Meinung zählt.» 

Diese Verantwortung schätzt auch Aurore Jordan sehr. Sie arbeitet am liebsten mit den künstlichen Herzklappen: «Die werden uns vom Hersteller geliefert und mittels eines speziellen Verfahrens falten wir sie so klein zusammen, dass sie in einen wenige Millimeter schmalen Katheter passen und so implantiert werden können», erklärt sie begeistert. «Ich bin darin geschult und zertifiziert und erhalte schon bald die Zertifizierung für einen zweiten Herzklappen-Typ». Sie fügt hinzu, dass diese Arbeiten in Frankreich nicht von MTRA ausgeführt werden. Auch bei verschiedenen Interventionen im OP ist sie aktiv dabei, was sie ebenfalls sehr schätzt. «Ich war vor allem überrascht, wieviel Zeit wir uns hier für unser Patientinnen und Patienten nehmen können. Das war auch neu für mich», fügt sie hinzu. Das bestätigt auch Christian Dott: «In der Schweiz gibt es mehr Personal und dadurch mehr Zeit für den einzelnen Patienten bzw. die einzelne Patientin.» 

 

Strahlende Zukunftsaussichten für Radiologiefachpersonen

 

Aber worin liegt denn die Faszination an der Arbeit rund um Bestrahlungen & Co.? «Hier ist man am Puls technischer Innovation: Wir arbeiten mit den modernsten Geräten und lernen immer wieder neue Systeme kennen», schwärmt Aurore Jordan. Und auch die Vielseitigkeit der Aufgaben sowie die vielen Entwicklungsmöglichkeiten werden genannt. Am allerwichtigsten ist aber beiden Interviewten der sehr enge Patientenkontakt – vor allem auf der Radioonkologie ist dieser sehr intensiv, bestätigt Christian Dott. «Wir behandeln mehrheitlich Menschen mit Krebs, die wir oft über mehrere Wochen begleiten. Da muss man schon auch ein bisschen Psychologe sein. Wir erhalten so viel Dank von unseren Patientinnen und Patienten am Ende ihrer Therapie. Das tut unheimlich gut.» Auch die Stimmung unter den Mitarbeitenden ist dem Teamleiter sehr wichtig und er schätzt es, wenn sich alle abends mit einem Lachen bei ihm verabschieden.

Aurore Jordan mag den Moment, wenn sich ihre Kolleginnen und Kollegen abends gegenseitig auf die Schulter klopfen, weil ein «Chaostag» mit vielen Notfällen trotzdem erfolgreich zu Ende gegangen ist. Beide sind sich einig: Sie würden wieder Radiologiefachperson lernen – und hoffen gleichzeitig, dass sich viele junge Leute für diese spannenden Beruf entscheiden. «Leider kennt man unsere Berufsgruppe noch viel zu wenig», meint Aurore Jordan. Dabei ist dipl. Radiologiefachperson HF ein Beruf mit Zukunft: Die Nachfrage im Gesundheitswesen nimmt stetig zu – ausserdem hat die Rolle grosses Weiterentwicklungspotenzial. «Ich komme jeden Morgen gerne zur Arbeit – das ist wirklich so. Sonst wäre ich auch nicht hier nach 21 Jahren!», meint Christian Dott lachend. Aurore Jordans Meinung dazu? «Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich als MTRA mal neben einem Arzt stehe, eine Herzklappe lade – und das alles auch noch auf Deutsch!»

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