«Wertvolle Karrieretipps aus erster Hand»

4. Juli 2022, Tanja Steiger

 

Als sich Dr. Elisabeth Roider, Oberärztin Dermatologie, fürs «Mentoring» entschied, war sie gerade von Zürich ans USB gekommen. Heute blickt sie auf zwei Jahre inspirierenden Austausch zurück. Seit bald 20 Jahren gibt es am USB das «Mentoring»-Programm für den ärztlichen Nachwuchs. Seit Januar 2021 leiten es die Plastische Chirurgin PD Dr. Elisabeth Artemis Kappos und der Kiefer- und Gesichtschirurg PD Dr. Florian Thieringer gemeinsam. Mentee Dr. Elisabeth Roider sah das Programm auch als Chance, den Spitalbetrieb in Basel besser kennenzulernen. Eine Entscheidung, über die sie heute noch froh ist, denn das Programm hat ihr, wie sie selbst sagt, viele Türen geöffnet.

2023-11-29, 12:59 Uhr

Zwei Jahre beste Begleitung

 

Gestartet ist «Mentoring» im Jahr 2004. Initiiert von der Gleichstellungskommission der Medizinischen Fakultät in Zusammenarbeit mit dem USB wandte es sich bis 2010 ausschliesslich an Ärztinnen. Heute ist die Hälfte der Mentees männlich und es sind alle willkommen, die bereits Erfahrung in der Forschung mitbringen und auf dem Weg zur Habilitation sind. Die Vision, die sich «Mentoring» auf die Fahne geschrieben hat, ist die, dass die Mentees auf ihrem Karriereweg von den Erfahrungen derjenigen profitieren, die denselben Weg bereits gegangen sind.

Während der ganzen Zeit bis zu ihrer Habilitation treffen sich die Mentees mit ihrer Mentorin oder ihrem Mentor in vorgängig bestimmten Abständen zum Coaching und tauschen sich zu festgelegten Zielen aus. Ebenfalls Teil des Programms sind regelmässige Workshops sowie Networking-Veranstaltungen «Bei mir stand vor allem die Stärkung meines wissenschaftlichen Profils sowie Rat bei medizinisch-politischen Strategien im Zentrum», berichtet Elisabeth Roider.

 

Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft

 

Elisabeth Roider studierte Medizin in München, wo sie im Bereich Immunologie doktorierte. Danach war sie als Postdoc an der Harvard Medical School in Boston tätig und forschte dort im Bereich Melanom- und Pigmentbiologie. 2016 kam sie mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Kind zurück in die Schweiz, ans Universitätsspital Zürich, um dort das letzte Jahr ihrer Facharztweiterbildung zu absolvieren. Seit 2020 ist sie Oberärztin Dermatologie am USB und unterdessen Mutter von zwei Kindern. 

«Mein Lebenslauf ist nicht so geradlinig wie der anderer – das zeigt auch, dass es nicht so ganz einfach ist für Frauen mit Kindern, ihre ärztliche Karriere zu verfolgen. Viele Mütter fallen in der Assistenzzeit weg, weil es sowohl finanziell wie auch zeitlich schwierig ist, alles zu vereinbaren. Gerade deshalb sind solche Programme wie "Mentoring" sehr wichtig: Den meisten Hürden, die ich zu nehmen habe, sahen sich ja schon andere Frauen ausgesetzt – weshalb nicht von ihren Erfahrungen profitieren?» 

 

The perfect match

 

Assistenz- und Oberärztinnen sowie ihre männlichen Kollegen, die sich für das «Mentoring»-Programm bewerben, werden zum Interview mit der Programmleitung eingeladen. Nach der Aufnahme ins Programm erhalten sie zeitnah einen Vorschlag für ihre persönliche Mentorin bzw. ihren persönlichen Mentor. Natürlich dürfen auch Wünsche geäussert werden. Danach findet ein «erstes Beschnuppern» statt, und wenn die Chemie zwischen Mentorin bzw. Mentor und Mentee stimmt, wird die Zusammenarbeits- und Zielvereinbarung von beiden Seiten unterschrieben.

Elisabeth Roider ist überzeugt, dass das «perfekte Matching» tragender Erfolgsfaktor des Ganzen ist: «Mit meiner Mentorin habe ich mich auf Anhieb super verstanden. Von Anfang an hat sie mir viele Tipps gegeben, wie das an der Fakultät läuft und welche Netzwerke es gibt – all die Sachen, die man nirgends nachlesen kann. Auch auf wissenschaftlicher Ebene war es von Anfang an sehr inspirierend zwischen uns.» 

 

Im Einsatz für den Nachwuchs

 

Elisabeth Roiders Mentorin ist PD Dr. med. Elisabeth Artemis Kappos, die seit Januar 2021 gemeinsam mit ihrem Kollegen PD Dr. Florian Thieringer die Leitung des «Mentoring»-Programms übernommen hat. Beide sind sowohl klinisch wie auch akademisch sehr engagiert und machen sich auf verschiedensten Ebenen für den ärztlichen Nachwuchs stark: «Wir brennen beide für unsere Arbeit am Universitätsspital und möchten den Nachwuchs inspirieren, dass sich die zeitliche Extra-Investition nicht nur in die klinische, sondern auch in die akademische Karriere mehr als lohnt. Im "Mentoring"-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Basel haben die Mentees die Möglichkeit, durch unkomplizierten Kontakt mit bereits etablierten Mentorinnen und Mentoren strategische Tipps zu erhalten und zu spüren, was mit entsprechendem Engagement möglich ist. Dies kann ausserordentlich motivierend sein.»

Beim «Mentoring»-Programm steht die akademische Laufbahn der Teilnehmenden im Zentrum – dazu gehört die aktive Unterstützung bei wichtigen Entscheidungen, aber auch die Erhöhung der Karrierechancen durch Förderung laufbahnstrategischer Kompetenzen. «Ich habe mit Elisabeth Kappos mittlerweile ein Verhältnis, das über den reinen "Mentoring"-Rahmen hinausgeht – wir setzen verschiedene Kollaborationen um, arbeiten an gemeinsamen Projekten und unterstützen uns gegenseitig», so Elisabeth Roider. 

 

Mehr Networking

 

Darauf angesprochen, was sie denn beim «Mentoring» vermisst hat, nennt sie die spärlichen Networking-Möglichkeiten: «Ich habe das Programm während der Corona-Zeit besucht – da fand abgesehen von ein paar Mittagesse leider nur sehr wenig statt. Ich fände es schön, wenn es während des Programms und auch danach mehr Gelegenheiten gäbe, sich mit den anderen Teilnehmenden auszutauschen.» 

Seitdem die Beschränkungen am Universitätsspital wieder aufgehoben wurden, kann das Programm wieder durchstarten: Mentees, die jetzt mit «Mentoring» beginnen, haben mehr Möglichkeiten: Neben dem one-to-one-Mentoring finden wieder monatliche Networking-Lunches statt, dazu Gastreferate und Workshops zu karriererelevanten Themen. Ebenfalls spannend: Vor Kurzem wurde an der Medizinischen Fakultät der Uni Basel das Netzwerk WIRE (Women in Research) gegründet, das Studentinnen, Forscherinnen und Ärztinnen eine Plattform für Austausch und Forschungszusammenarbeit bietet. Letzteres konzentriert sich ausschliesslich aufs Networking und stellt somit eine optimale Ergänzung zum «Mentoring»-Programm dar.

 

Über sich hinauswachsen

 

Neben ihrer klinischen Arbeit als Oberärztin Dermatologie und ihren wissenschaftlichen Tätigkeiten leitet Elisabeth Roider eine Forschungsgruppe mit rund 12 ärztlichen Teilnehmenden in Aus- und Weiterbildung – vielleicht der erste Schritt in Richtung eigene Mentorinnentätigkeit? Für die Zukunft schliesst sie dies keinesfalls aus. Als grössten Benefit aus dem Förderprogramm nennt sie «den Kontakt mit meiner Mentorin per se – das hat mir viele Türen geöffnet, nicht nur für Kollaborationen.»

Elisabeth Roider empfiehlt «Mentoring» allen, die am Anfang ihrer akademischen Karriere stehen – und zieht gleichzeitig ein persönliches Fazit: «Das Programm ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, spannende Leute kennenzulernen, über sich hinauszuwachsen, Kontakte zu knüpfen, wissenschaftlich zu arbeiten, in andere Fachdisziplinen reinzuschauen und letztlich auch zu sehen, dass alle nur mit Wasser kochen und dieselben Probleme haben.»

Elisabeth Roider

Dr. Elisabeth Roider

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